Am ersten Feiertag sind wir alle damit beschäftigt, die Geschenke auf die verschiedenen Etagen, in den verschiedenen Fluren, in den einzelnen Zimmern zu verteilen. Jede und jeder nimmt ein neues Spielzeug, ein Buch, ein Tischchen, eine Nachtischlampe, ein irgendwas mit aufs Zimmer.


Edith hat jetzt einen Sitzsack auf der Nummer 13.

Wir essen Schildkrötenkekse.


Am zweiten Weihnachtsfeiertag liegen noch einmal Päckchen auf den Stufen. Wir backen und singen schon wieder. Alois singt selber mit. Er singt:

Happy Birthday tu jut, happy Birthday tu jut.

Wir singen: Happy Birthday lieber Alois, happy Birthday to you.

Dieser Tag wird bei uns schon am Morgen „Heilig Abend“ genannt.
Schon immer, obwohl wir mit der Heiligkeit nie viel zu tun hatten. In diesem Jahr ist es mit der Heiligkeit so wie so nichts, mit der Müdigkeit umso mehr. Wir müssen an so vieles denken. Die Vorbereitungen sind kompliziert.

Im Strandhotel feiern wir zusammen.

Es gibt in diesem Winter keinen Ort wie diesen. Es gibt überhaupt keinen Ort, der für alle offen ist.


Wir geben uns deshalb besonders viel Mühe.


Die Geschenke werden auf den Treppenstufen in der Eingangshalle abgelegt.
Es sind in der letzten Nacht noch mal sehr viel mehr geworden. So viele, dass Opa und der Opa R. gar nicht mehr aufhören können die Köpfe zu schütteln. Eigentlich schütteln alle Großeltern und Eltern und Tanten und Onkel und die meisten Erwachsenen ein bisschen die Köpfe über diesen Überfluss.
Große und kleine Päckchen liegen auf den Stufen, auf halber und vor der Treppe auf dem Marmorboden. Verpackt in glitzerndes Papier und mit breitem Geschenkband verschnürt.

Das Christkind und der Weihnachtsmann zeigen sich vom Kopfschütteln unbeeindruckt, für sie ist die Sache klar: Es gilt, den vielen Kindern Freude zu machen, Wünsche zu erfüllen, und dabei nicht gesehen zu werden.


Die Kinder sind mit einer großen Thermoskanne Kakao unten am Strand.

Sie nehmen den Fußweg und nicht den alten Fahrstuhl. Es ist eine richtige Kinderschar, die bei Einbruch der Dunkelheit zum Strandhotel hinaufklettert. Ein Glöckchen hat geklingelt.

Oben spielt schon die Musik. Danach singt es von allen Balkonen, es klatschen glückliche Hände. Es ist überall Freude, Kerzenlicht, Glitzer, Gläserklirren, Tellerklappern, junges, mittleres und altes Lachen.

Und auch wer vorher keine Lust auf Weihnachten hatte, muss immerhin sagen:

Ediths Strandhotel leuchtet.

Heute können wir endlich sagen MORGEN.

Morgen ist Weihnachten. Zu Hause, in Ediths Strandhotel und überall auf der Welt, wo die Leute sonst noch Lust darauf haben.

Im Hotel ist in diesem Jahr längst nicht allen nach Weihnachten, und wer nicht will, der lässt es. Wir haben Flure, da ist absolut alles frei von Weihnachten, dann gibt es ganze Etagen, da weihnachtet und weihnachtet und weihnachtet es …

Noch zwei Tage bis Weihnachten und Joseph hat mittags plötzlich 39,5° Fieber.

Das bedeutet zu Hause, dass wir noch mal mit allen telefonieren müssen, mit denen wir schon in den letzten Tagen dauernd telefoniert haben.

Im Strandhotel bedeutet 39,5° Fieber nur, dass jemand oder eben Joseph 39,5° Fieber hat.

Noch drei Tage, drei Päckchen am Adventskalender, drei mal unruhig schlafen.

Am Samstag haben wir zum Glück wieder ein paar negative Ergebnisse.
Wir telefonieren hin und her, um zu verabreden, wer sich an Weihnachten mit wem wo unter welchem Tannenbaum trifft.

Gesungen wird nur draußen, so viel steht fest!


Im Strandhotel singen wir umso mehr, während wir alles schön festlich machen.
Wir basteln Sterne aus Transparentpapier für die oberen drei Etagen und für die unteren Etagen.


Am Sonntag sitzt der Schnurrbart bei Tee und Plätzchen im Salon. Er versucht wieder den Namen in dem Ring aus der Bucht zu erraten. Als würden wir ihm den Ring geben, wenn er zufällig drauf käme!

Alle wissen schließlich, dass der Schnurrbart nur einen Vorwand braucht, um hier bei uns und nicht allein daheim zu sein.

Dem Christkind werden die Flügel schwer. Es fliegt in diesem Jahr ganz neue Strecken.
Wir sehen es zwischendurch auf dem westlichen Turm des Strandhotels sitzen. Dort schnauft es ein bisschen durch und ist froh, dass es auch noch den freundlichen alten Weihnachtsmann gibt!

In Ediths Strandhotel wird es langsam voll.

Wir haben inzwischen drei obere Etagen und in der zweiten Etage haben diejenigen ihre Zimmer, die sich um die oberen Etagen kümmern. Im Erdgeschoss und in der ersten ist es dadurch ein bisschen enger, aber weil jedes Zimmer kleine oder größere Balkone hat, ist das nicht schlimm.

Kein Problem, sagt unsere Nana.
Es ist viel schöner, wenn Leben in der Bude ist, der Opa.
Kommen wir über’n Hund, kommen wir über’n Schwanz, sagt die Oma.


Und das klingt, als hätten wir es bald geschafft.

16. März und 16. Dezember.


Schon das zweite Mal in diesem Jahr macht zu Hause fast alles zu.

Wir haben eine Lichterkette im Flur und den Tannenbaum im Esszimmer.

Noch nicht geschmückt.


Die Kinder legen ihre Wunschzettel zusammengerollt und mit rotem Geschenkband verziert auf den Balkonstuhl.
Darauf ein Stein, damit nichts wegfliegen kann.


Das Christkind weiß, dass die Geschenke dann ins Strandhotel sollen.

Mama und Papa schlafen und schlafen. Sie schlafen sich aus.

Wir sind schon längst im ganzen Strandhotel unterwegs. Nur nicht in den oberen Etagen, da werden die Kranken gesund.

Opa sieht durch sein Fernglas aufs Meer, wenn er nicht gerade fernsieht, um zu erfahren, wie das Wetter in den Bergen ist.

Der Opa liebt die Berge und das Meer.
In Jahren, die nicht so sind wie dieses, sorgen Oma und er dafür, dass wir den Schnee nicht verpassen.