Vol. 2 — Herbst/Winter 2020/21

Edith wartet. Katharina wartet. Viviane wartet. Lina wartet. Und Jim. Jede und jeder mit ihrem Husten und seinem Schnupfen oder ganz ohne Husten und Schnupfen in einer anderen Stadt.

Im Strandhotel sind wir alle zusammen. Wir warten auch nicht. Wir haben zu tun.


Wir üben Bratsche, wir zeichnen und schreiben. Wir machen die Betten und die Wäsche und überlegen schon wieder, was es zu essen gibt?

Mittags: Butterfische für alle Kinder. Und für die oberen Etagen.


Butterfische und Muscheln fressen Bären, bevor sie den goldenen Teich voller Lachse finden.

In Ediths Strandhotel haben wir positive und negative Ergebnisse.

Edith versteht das mit dem „positiven“ Ergebnis. Joseph versteht es nicht. Er versteht weder positiv noch negativ
noch weder und noch.

Aber er findet gut, dass alle, die das Virus bekommen haben, eins der schönen Zimmer an der oberen Terrasse wählen dürfen.

Und er findet es auch gut, dass alle anderen im ganzen Strandhotel, auf dem Felsen und in der Sandbucht rumlaufen, wie sie lustig sind.

Wir sind ungern zuhause, weil die Realität kein Ort ist, an dem wir länger bleiben möchten als unbedingt nötig.

Wir steuern Ziele an, die kurz darauf einfach verschwinden. Wir können es nicht lassen in den Kalender zu schauen, obwohl wir wissen, dass alle Termine ausfallen. Wir beeilen uns nicht mehr, wir können nicht, warum sollten wir?

In Ediths Strandhotel falten die Kinder Papierflieger und lassen sie von der Terrasse segeln.

Später suchen sie draußen die Abhänge ab.

Unten in der Bucht Spuren von nackten Kinderfüßen im nassen Sand.

Für kurze Zeit.

Die Woche hätten wir auch geschafft.

Im Strandhotel kommen wir an den Freitagabenden in der Küche zusammen und essen, und trinken und reden und trinken.

Wir besprechen, was getan und was zu tun ist, wer am Wochenende was übernimmt.
Wie die nächste Woche aussieht.


Die Kinder schreiben wieder Listen, aber was da drauf steht, geht uns dieses Mal nichts an. Sagt Edith.

In Ediths Strandhotel strengen wir uns an.

Wir haben die Nase voll davon allein zu sein als Familie in einer Mietwohnung in einer mittelgroßen Stadt.

Deswegen schaffen wir Platz.

Opa fährt mit der Babette hinaus, so lange das Wasser noch warm genug ist, um –

Der Opa R. schimpft auf die Entschleunigungsprediger anderswo. Es gibt schließlich mehr zu tun als vorher.

Die Oma und die Nana räumen die Vorratskammer voll. Sie schauen, dass Grundnahrungsmittel säckeweise vorhanden sind. Für viele Mahlzeiten mit vielen Menschen.


Am Sonntagmorgen werden oben in der Bistroküche und unten gleichzeitig Pfannkuchen gebacken. Später dann feinste Lebkuchen nach einem Rezept ohne Mehl oben. Unten Ausstechplätzchen aus Mürbeteig.

Am Sonntagabend sind wir müde, sind wir endlich wieder MEHR. Und das soll in den kommenden Wochen bitte so bleiben.